Letzte Änderung: 24.7.04 |
swiss fireball |
Taktik, Technik, Trimm und Tricks |
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von Simon Hiscocks
Stell dir Dick ohne Doof oder Derrick ohne Harry vor - es wäre nicht dasselbe! Auch im Fireball braucht es immer zwei ... !
Simon Hiscocks (Olympia Silber GBR 49er Crew und Ex-Fireballer) zeigt auf, was ein gutes Segelteam ist und was es braucht, eine Supercrew zu werden.
In den meisten Bootsklassen ist die Rolle an der Pinne klar definiert: Das Boot steuern und das Grosssegel trimmen. Die Rolle an der Fockschot dagegen variiert von Boot zu Boot. Drei Elemente bestimmen den Job, um die Bojen zu segeln: der Bootstyp, das Bootslayout und das individuelle Können jeder Person an Bord.
So wie ein Fussballteam Spieler mit speziellen Fähigkeiten hat, besteht ein Segelteam aus Seglern mit verschiedenen Stärken und Schwächen. Der Fussballtrainer wählt die Spieler für den Match aus, die am besten zusammen passen. Das Segelteam muss Ähnliches tun: Die anfallenden Aufgaben müssen zwischen Steuermann und Vorschoter nach ihren Fähigkeiten aufgeteilt werden, damit ein Gleichgewicht entsteht.
Der Fireball ist ein Zweipersonen-Boot: zwei Körper, zwei Köpfe. Es ist wichtig zu merken, dass der eine ohne den anderen das Boot ganz einfach nicht segeln kann. Die beiden Körper und Köpfe zu möglichst effizienter Zusammenarbeit zu bringen, ist der Weg zum Erfolg!
Zum Beispiel bestimmt im Fireball die Position der Fockschotklemme, ob vorwärts oder rückwärts gewendet werden muss. Wie der Spi-Barber geführt ist, entscheidet massgeblich, wie der Spi gesetzt, gehalst und geborgen wird. Die Arbeitsteilung wird sich also zu einem grossen Teil nach dem individuellen Layout des Bootes richten.
Weiter muss jedes Team die Manöverabläufe genau analysieren, um seine effizienteste Arbeitsteilung zu finden: Wer nimmt die Spischoten vor dem Spihissen aus den Klemmen? Wer halst den Grossbaum? Wer verstellt die Höhe des Spibaums? Wer zieht den Spibarber vor der Halse? Wer übernimmt den Quertrimm beim Spibaumwechsel? Wer holt die im Wasser nachschleppende Spischot wieder an Bord? Versucht möglichst viele solche Entscheidungen beim Training zu machen - das geht nur beim gemeinsamen Segeln. Nicht immer lässt sich eine eindeutige Zuweisung machen. Manchmal muss man gewissen Spielraum geben, wer je nach Situation zuständig ist. Dort zeigt sich dann, wie gut die beiden Köpfe in die gleiche Richtung denken.
Ist einmal die Aufteilung der Aufgaben gemacht, können die Manöver isoliert geübt und optimiert werden. Es lohnt sich dabei, langsam zu beginnen und erst wenn die Handgriffe sitzen, das Tempo zu steigern. Probiert verschiedene Abläufe und wählt die beste Art aus.
Denkt man die Manöver Schritt für Schritt sorgfältig durch, lassen sie sich sogar 'trocken' üben. Zum Beispiel die Wende für den Vorschoter: 1.) Trapezhaken aushängen, 2.) am Arm hängend ins Boot schwingen, 3.) Fockschot aushängen, 4.) Seite wechseln, 5.) Fockschot dicht ziehen und am Trapezgriff rausschwingen, 6.) Fockschot belegen, 7.) Trapezhaken einhängen, 8.) Fockschot feintrimmen. Ist die Abfolge jedes Manövers einmal eingeprägt, klappt die Bootsbeherrschung wie im Schlaf, die Köpfe sind dann frei für taktische Überlegungen.
Ein häufiger Fehler, einer wartet während des Manövers auf den nächsten Schritt des anderen, kann vermieden werden. Als Beispiel wieder die Wende: Der Steuermann wartet mit dem Dichtnehmen der Grossschot bis der Vorschoter ins Trapez geht. Andererseits wartet der Vorschoter auf das Dichtnehmen der Grossschot bevor er an den Draht hängt - beide wollen, dass das Boot nicht krängt. Es gibt nur eine Lösung: Der Vorschoter steigt sofort ins Trapez, darauf vertrauend, dass die Grossschot simultan dichtgezogen wird. Durch viel gemeinsames Training wächst das unbedingt nötige gegenseitige blinde Vertrauen.
Arbeitsteilung ist auch hier gefragt. Klassisch ist: Der Vorschoter macht die taktischen Entscheidungen auf der Kreuz, er hat den besseren Überblick. Vorwind übernimmt der Steuermann, der Vorschoter konzentriert sich auf den Spi. Aber es lohnt sich zu überlegen, ob dies für euer Team und individuellen Fähigkeiten wirklich die effizienteste Aufteilung ist! Fragt: Wer sieht den Wind auf dem Wasser besser? Wer ist besser, Winddreher zu merken? Regelexperte? Und so weiter ... .
Fehler passieren immer den Unvorbereiteten! Daher immer vorausdenken, was als nächstes geschehen wird! Das kann ein kommendes Manöver sein, eine taktische Situation, eine Böe oder ein Windloch. Was sind die Reaktionen, wenn 'x' oder 'y' passiert? Denkt solche Szenarien im Training gemeinsam durch und überlegt, was schief gehen und wie man darauf reagieren könnte. Aber, trotz vorheriger Absprache kann es sein, dass dann im Rennen nicht beide das Gleiche denken. Hier kommt die Kunst der Kommunikation ins Spiel!
Meistens geschehen die Dinge während der Regatte viel zu schnell, um noch lange diskutiert zu werden. Darum müssen Vorschoter und Steuerperson in ihrem Denken möglichst 'kompatibel' sein: Beide sollten in die gleiche Richtung denken, um schnell zu Lösungen zu kommen.
Sind beide auf die kommende Situation gefasst und haben mögliche Reaktionen vor Augen, braucht's nur wenig Worte. Zum Beispiel Luvboje: Abfallen und Spisetzen stehen bevor. Man hat dabei aber verschiedene Optionen:
Direkt abfallen und Spi hoch, verzögerter Spihiss oder halsen und Spi hoch. Ist die Situation rund ums Boot beobachtet (Wieviele Boote sind in der Nähe und gleichzeitig an der Boje? Wie sieht's mit Wegrecht aus? Was macht der Wind? Ist eine Seite offensichtlich bevorteilt? Eine kurze Absprache der Möglichkeiten macht beide auf das Kommende gefasst.), dann gibt's weniger Überraschungen und es braucht keine Erklärungen, wenn der Plan während des Manövers vom Steuermann plötzlich geändert werden muss.
Ein konstanter Fluss von Informationen, was die Konkurrenz und der Wind tut und über die Reaktionsmöglickkeiten darauf, beugt Überraschungen vor: Wind - wo ist er, wie stark? Andere Boote - wo sind sie, mit welchen Rechten? Kurs - wo sind die Bojen, wo das Ziel? Je genauer solche Beobachtungen kommuniziert werden, desto besser werden die Reaktionen darauf. Absprachen erleichtern die Gleichschaltung der Gedanken. Mit der Zeit denkt ihr immer ähnlicher, kompatibel eben.
Auch wenn ihr entschieden habt, dass der eine oder der andere für taktische Entscheide verantwortlich ist, hilft der ständige Informationsfluss: Beide fühlen sich beteiligt und bleiben aufmerksam. Beide wissen, was der andere denkt und können voneinander lernen. Er nimmt auch Druck vom Verantwortlichen.
Sagt es früh, sobald das Gefühl da ist, dass sich 'Unheil' anbahnt! Ist ein Fehler einmal geschehen, ist es zu spät. Versucht dann sofort, einen Ausweg zu finden und versinkt nicht in Beschuldigungen ... : "Es sieht aus, als hätten wir Probleme, die Boje anzuliegen.", kann für den Steuermann den Anstoss geben, etwas höher zu fahren oder andere Möglichkeiten ins Auge zu fassen und zur Diskussion zu stellen.
Egal, wer die taktischen Entscheide trifft und Manöver einleitet, der Steuermann ist der Ausführende, er lenkt das Boot! Hier kommt wieder Vertrauen ins Spiel. Je grösser - sprich trainierter - es gegenseitig ist, desto weniger Worte sind nötig und desto präziser wird die Positionierung.
Traditionellerweise kümmert sich der Steuermann ums Boot und um den richtigen Trimm. Auch hier ist aber Teamwork von Vorteil: Weiss auch der Vorschoter ebensoviel von Segeln und Trimm, weiss er, wie man die Kiste zum Laufen bringt und spürt er auch, wenn's fährt oder klemmt, hilft das bestimmt, immer öfter highspeed unterwegs zu sein!
Vertauschte Rollen an Bord können den Horizont erweitern! Nimmt der Vorschoter mal die Pinne in die Hand und der Steuermann zieht die Trapezhose an, öffnet das vielleicht die Augen für die Probleme am anderen Arbeitsplatz ... .
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