Letzte Änderung: 9.5.04 |
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von Ruedi Moser, unter Verwendung der Quellen von North Sails und Moritz Segel
Klassisch weiss oder modern durchsichtig - so kommen die Segel heute daher - seit dieser Saison (2003) auch bei den Fireballs. Neue Stoffe - leichter, stabiler, aufwändiger verarbeitet, teurer - wecken Hoffnung auf längere Haltbarkeit und das Quäntchen mehr Vortrieb.
Der Segelmacher gibt dem Segel durch einen mehr oder weniger aufwändigen Zuschnitt der einzelnen Tuchbahnen sein Profil. Damit die eingearbeitete Form auch bei Belastung durch den Wind stabil bleibt, ist ein möglichst dehnungsarmer Stoff erforderlich. Je besser das gewollte Profil erhalten bleibt, desto besseren Vortrieb liefert das Segel. In den letzten Jahren fanden immer wieder neue Materialien den Weg in die Segelfabrikation, die sich mehr oder weniger bewährt haben. Immer ist man auf der Suche nach geringerer Dehnung und geringerem Gewicht.
Die Materialvorschrift ist bei den Fireballs kürzlich etwas gelockert worden: Seit 1. Januar 2003 dürfen neben gewobenem Tuch auch Laminate (siehe 3. Materialien, b) verwendet werden. Monofilm, oft bei Surfsegeln zu sehen, ist weiterhin nicht gestattet. Als Fenster darf das Material verwendet werden, unterliegt aber einer Grössenbeschränkung. Fenstermaterial (üblicherweise Vinyl) gilt, auch mit Verstärkungsfäden versehen, nicht als Laminat.
Verschiedene Eigenschaften der verwendeten Matreialien erfordern und ermöglichen bei der Segelproduktion unterschiedliche Konstruktionsarten:
Der weitverbreitetste und bewährteste Segelschnitt ist der Horizontalschnitt oder Cross-Cut. Hier laufen die Nähte der Bahnen rechtwinklig zur Sehne des Achterlieks. Er ist am preiswertesten in der Herstellung, robust und im allgemeinen auch am langlebigsten.
Seine Nachteile: Die Fäden sind nicht lastorientiert angeordnet, im ganzen Segel wird die gleiche Tuchqualität verwendet, was zu einem relativ hohen Gewicht führt.
Beim Radialschnitt handelt es sich um einen lastorientierten Segelschnitt, bei dem die Nähte im Verlauf der Kraftrichtung im Segel ausgerichtet und dadurch nicht durch Scherkräfte belastet werden. Die strahlenförmigen Bahnen laufen vom Schothorn, manchmal auch vom Hals und vom Segelkopf zur Segelmitte. Dieses sind die Punkte des Segels, die die grössten Belastungen aufnehmen müssen.
Radial geschnittene Segel sollten aus speziellen für diesen Einsatzzweck konstruierten Tuchen gefertigt werden. Durch den Einsatz dieser hochwertigen Materialien können die Segel sehr formstabil und leicht hergestellt werden.
Ein radial geschnittenes Segel ist bei Verwendung der entsprechenden Materialien bei gleicher Festigkeit wesentlich leichter als ein Cross-Cut Segel.
Seit der Zeit der Baumwollsegel hat die Entwicklung von künstlichen Fasern und der Technologie in der Herstellung von Segeln riesige Fortschritte gemacht. Es gibt heute Fasern, die stärker sind als Stahl, dabei aber nur einen Bruchteil davon wiegen. Die meisten Produktenamen sind uns bestens bekannt, ihre Eigenschaften aber weniger. Ob sich der Einsatz von bestimmten Materialien lohnt - meist bei entsprechenden Mehrkosten - stellt sich bei neuen Segeln immer wieder:
Egal welches Material verwendet wird, gibt es drei unterschiedliche Technologien Segeltuch herzustellen:
a) Gewobene Tücher: Die traditionelle Art von Stoffherstellung. Die Fäden werden im 90° Winkel sehr eng gewoben. In der Diagonale (45°) reckt dieses Tuch stark, da in dieser Richtung keine Fäden laufen. Durch Beschichtung mit einer Harzappretur verbessert sich vorallem die Diagonalfestigkeit des Tuches entscheidend. Beim Gebrauch verliert diese aber die stabilisierende Wirkung relativ schnell.
b) Laminate: Schichten von verschiedenen Materialien werden miteinander zu einer Sandwich-Konstruktion verbunden. Als Basis dient dabei ein offenen Gitter-Gelege aus hochfesten Fasern, welches mit einer so genannten Filmschicht von beiden Seiten laminiert wird, am häufigsten ist das Mylar. Das Fasergitter nimmt dabei die Belastung auf, während der Film verbindet und stabilisiert, sowie verhindert, dass Luft durchströmt. Solche Tuche wiegen weit weniger als entsprechende gewobene Stoffe.
c) Monofilm: Zum Beispiel Mylar. Wird vorallem bei Surfsegeln verwendet. Wie der Name sagt nur aus einer Schicht. Wird durch Flattern schnell zerstört, ist nur sinnvoll mit durchgehenden Latten.
Polyester ist ist der Oberbegriff für die am häufigsten gebrauchte Faser für Segeltuch. Die wohl bekannteste Polyesterfaser ist das Dacron. Sie ist fest, haltbar und relativ preiswert. Meistens wird sie in gewobenen Tüchern verwendet: Die zähe Faser wird unter Hitze geschrumpft, sehr dicht gewoben und zur Fixierung geharzt.
Nylon ist sehr leicht bei relativ hoher Festigkeit. Die Dehnung ist aber recht hoch, so dass sich Nylonfasern nur zur Fertigung von Spinnakern verwenden lassen.
Pentex ist mit Polyester verwandt, hat aber eine 250% geringere Dehnung. Es ist weitgehend UV resistent und nur wenig anfällig gegen Kinicken und Falten. Pentex eignet sich gut für Segel, bei denen eine höhere Leistungsfähigkeit gewünscht ist ohne Abstriche in der Haltbarkeit. Pentex kann im Unterschied zu Dacron nicht stramm gewoben werden, kommt also nur als Laminat in Frage. Es ist eine gute und preiswerte Alternative zu Kevlar oder Spectra.
Kevlar gehört zu den Aramidfasern und widersteht grössten Belastungen mit wenig Dehnung. Es ist aber sehr empfindlich gegen Knicken und UV Strahlen. Kevlarsegel verlangen eine sehr sorgfältige Behandlung.
Dyneema / Spectra sind die Markennamen von unterschiedlichen Herstellern für die selbe hochfeste Polyäthylenfaser. Das Material ist sehr leicht, hat eine sehr geringe Dehnung bei grosser Bruchlast, ist weitgehend UV resistent und im Gegensatz zu Kevlar unempfindlich gegen Knicke. Allerdings hat Dyneema / Spectra eine unangenehme Eigenschaft: Bei lang anhaltender Belastung können sich die einzelnen Fasern plötzlich verlängern (creep) und damit das Profil des Segels verändern.
Kohlefaser (Carbon) hat eine extrem kleine Dehnung und ist sehr leicht. In Segeln ist es aber nicht sehr haltbar und sehr teuer.
PBO ist momentan die High-End Faser, die alles schlägt in punkto Festigkeit, Dehnung, kurzer Lebensdauer und natürlich Preis. Vorallem die mangelnde UV Beständigkeit machen die Faser nicht zum wirklich tauglichen Segelmaterial.
Mylar ist der Markenname für Polyesterfilm mit dem die Fasern meistens laminiert werden.
Die führenden englischen Fireball Segelmacher Pinnell&Bax, Speed Sails, Rush und Number One verwenden für ihre Laminatsegel rauchfarbiges Mylar gegen UV in Kombination mit Kevlar. Sie verwenden durchwegs traditionellen Cross-Cut.
North verwendet bei seinen Kevlar Segeln durchsichtiges Mylar, was ihnen ein gelbliches Aussehen gibt, geschnitten sind sie radial.
Auch Segel von Victory Sails aus Slowenien sind radial geschnitten. Ihre Segelstoffe sind deutlich leichter als die der englischen Segelmacher.
Was besser, im Endeffekt günstiger und schneller ist, wird die Zeit zeigen. Was schlussendlich dazu führt, dass ein Segel ersetzt werden muss, - ob nun mechanische Beschädigung, Delaminationen, UV Schäden oder Formverlust - kann noch nicht mit Bestimmtheit gesagt werden. Wie auch bei Dacronsegeln wird sorgfältiger Umgang mit den Laminatsegeln ihr Leben entscheidend verlängern.
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