Letzte Änderung: 18.12.04
 
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Taktik, Technik, Trimm und Tricks

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Wenn der Wind von hinten kommt ...   aus Gazette 4-04

Quellen: Yachts&Yachting Artikel von Mark Rushall und Ian Barker, zusammengestellt von Ruedi Moser

Mit perfektem Trimm, Konzentration und etwas weiterem Hinauslehnen ist es durchaus möglich, auf der Kreuz etwas höher und schnellre voran zu kommen als alle andern. Aber der herausgeholte Vorsprung wird relativ gering ausfallen. Ganz anders auf dem Vorwinder! Da lassen sich vergleichsweise riesige Vorsprünge erzielen. Ein Boot, dass eine Privatböe erwischt, kann locker 20% schneller und erst noch 15° tiefer fahren als solche ohne Böe. Auf dem Vorwinder auszuruhen, auf die Kreuz zu warten und die Sandwiches auszupacken ist keine gute Idee …

Eine wichtige Rolle beim Tiefe Fahren spielt natürlich, wie auf den anderen Kursen auch, der richtige Trimm. Er unterscheidet sich in einigen Punkten erheblich von dem gegen den Wind. Wohl kaum eine Überraschung, oder? Wie muss das Boot also für maximale Geschwindigkeit in die Tiefe eingestellt sein?

Rigg:
Idealerweise möglichst wenig Mastfall unter anderem mit dem Effekt, dass der Baum am weitesten raus kann..

Gross:
Möglichst weit ausgebaumt und dort gehalten. Bei leichtem Wind kein Baumniederholer um das Achterliek möglichst zu öffnen und eine Strömung im Segeltop zu erhalten. Bei mehr Mehr brauchts zunehmend Zug auf dem Niederholer um übermässigen Twist zu verhindern, was zum Rollen des Bootes und Vortriebverlust führen würde. Faustregel: Das Ende der Toplatte sollte etwa parallel zum Grossbaum sein.
Der Vorliekstrecker ist komplett lose. Beim Unterliekstrecker scheiden sich die Geister: Für eine grösstmögliche projizierte Fläche wird meist empfohlen, den Strecker ganz dicht zu ziehen. Einige sehen beim leichten Fieren ein harmonischeres Segelprofil und glauben an mehr Vortrieb dadurch. Ausprobieren!

Fock:
Weil die Fock im Verhältnis sehr klein ist, kann von ihm nicht allzu viel Vortrieb erwartet werden. Es wird so eingestellt, dass es auch bei leichtem Anluven schön zieht und ja nicht flattert.

Spinnaker:
Den brauchts natürlich unbedingt, so schnell wie möglich. Der Spibaum wird etwa rechtwinklig zum Scheinbaren Wind (90° zum Stander) zurückgezogen. Das ergibt maximale Projektionsfläche. Das Luvliek sollte möglichst gerade sein. Faustregel: Ist es konvex, ist der Baum zu weit hinten. Ist es konkav, ist er zu weit vorn.
Die Höhe des Spibaums richtet sich nach den Schothörnern. Die sollen gleich hoch fliegen.
Tieferlassen des Spibaumes öffnet das Achterliek und macht im Gegenzug das Luvliek voller. Das hilft bei leichtem Wind, wenn der Kurs generell etwas höher sein muss.
Der Schotzug ist ein guter Indikator dafür, ob Kraft im Spi ist oder nicht. Die Faustregel für die Schotführung: So weit fieren, bis sich das Luvliek zu rollen beginnt und immer damit spielen.

Schwert:
Um Tiefe zu fahren, so weit wie möglich hochholen, ohne dass das Boot unstabil wird. Bei viel Wind bleibt es etwa halb unten, dadurch wird die Gefahr von unkontrolliertem Rollen kleiner.

Rumpftrimm:
Beide sitzen möglichst weit vorne, um das Heck zu entlasten und den Rumpfwiderstand zu minimieren. Bei starkem Wellengang ist das natürlich anzupassen. Denn die mit 300 Liter Wasser gefüllte Schüssel ist alles andere als schnell …
Die Steuerperson sitzt mit Vorteil in Lee und hält dort den Baum nach draussen. Sie kontrolliert mit reinlehnen die Krängung nach Luv. Die bessere Sicht auf den Spi ermöglicht die Position in Luv. Darum sitzt die Crew dort und kontrolliert Spischot und Achterholer.

Steuern:
Um möglicht ein Bremsen durch das Ruder zu verhindern ist es gut, dem Boot grad soviel Krängung nach Luv zu geben, dass es ohne Ruderwirkung perfekt geradeaus fährt. Abfallen geschieht durch weiteres Krängen nach Luv, fürs Anluven lässt man den Rumpf aufrecht werden. Das kann die Steuerperson durch ihre Körperverlagerungen sehr fein bewerkstelligen.

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Böen, Wellen, Dreher und andere Boote erfordern ständige Adaption im Trimm und Kurs. Der grösste Unterschied bei den Top Teams liegt wohl in der Kommunikation untereinander: Beide spüren den Wind und den Druck in den Segeln an unterschiedlichen Indikatoren. Im Luv merkt die Crew frischeren Wind zuerst im Gesicht, nachher in der Schot. Die Steuerperson dagegen merkts erst später durch Krängung und übers Ruder. Sagt die Crew, was sie spürt, kann die Steuerperson früher darauf reagieren. Ebenso ist es mit dem Ausmachen von Wellen. So muss jeder dem anderen mitteilen, was gefühlt wird.

Könnte folgendermassen tönen:

Wer diese Kommunikation besser beherrscht, fährt um einen Bruchteil tiefer mit gleicher Geschwindigkeit wie die Konkurrenz. Das Gefühl dafür lässt sich nur durch viel Vorwindfahren im Training entwickeln.
Wie auf der Kreuz auch ist der direkteste Weg äusserst selten auch der schnellste. Nur tief fahren ist also nicht alles. Jede Klasse hat für jede Windstärke und Wasserbedingung ihre schnellsten Winkel zum Wind. Die Kunst ist es nun, die schnellste Variante zu spüren.
Zu hoch segeln, heisst in die falsche Richtung zu fahren. Geht man zu tief, siehts gut aus, bis die Konkurrenz halst und an uns vorbei düst.

Beim Fireball kann der Baum nicht sehr weit ausgestellt werden, weil er schnell an den Wanten ansteht. Trotz seines relativ grossen Grosssegels lässt sich nicht leicht in die Tiefe fahren. Zusätzlich erschwert der platte Bug bei Wellen den direkten Weg zur Leeboje. Darum ist es nicht erstaunlich, dass es sich auszahlen kann, etwas höher zu fahren.

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Aber, wann ist das der Fall?
Im Prinzip gibt es drei Modi, in denen sich der Rumpf grundlegend verschieden verhält und nach bestimmter Technik verlangt:

1. Verdrängungsfahrt:
Wenig Wind, das Hauptziel ist dabei, wenn immer möglich tief zu fahren, ohne dass der Spi je einfällt. Dazu teilt die Crew immer den Druck im Spi mit, den sie über die Spischot spürt. Die Steuerperson steuert nach diesen Angaben. In den Windlöchern leicht höher, in den Böen etwas tiefer. Ein Kollaps des Spis bedeutet massive Kurskorrektur und Geschwindigkeitsverlust für länger.

2. Grenzbereich:
Immer noch nicht genug Wind um zu gleiten. Vorwind reicht der Vortrieb nicht, Wellen zu überholen. Nur Gleitzustand durch Surfen die Wellen hinunter. Die Mannschaft versucht möglichst häufig Wellen zu erwischen, auf denen es sich abfallen und mitreiten lässt. Die Technik dazu: Anluven, um die Geschwindigkeit der Wellen zu erreichen, wenn eine gute Welle naht. Ist man darauf, abrupt abfallen und möglichst lange bergab fahren und so auf die Leetonne zu. Mit einer koordinierten Pumpbewegung mit Spi und Gross lässt sich ein Surf einleiten, der ohne nicht möglich gewesen wäre. Gute Kommunikation ist dabei das A und O. Auf dem Wellenberg wird das Mannschaftsgewicht nach vorne verlagert, um die Talfahrt früher einzuleiten. Geht's runter, Gewicht wieder nach hinten, um das Gleiten zu erleichtern. Jetzt ist es möglich sehr tief zu fahren diagonal zum Wellenhang. Am besten nur mit Gewichtsverlagerungen steuern. Der Geschwindigkeitsunterschied zwischen Verdränungs- und Gleitfahrt ist riesig. Es lohnt sich jede Anstrengung.
Bis gut 4 Bft. zahlt es sich aber nicht aus, durch höher Fahren Gleitfahrt zu erzwingen. Mit Tiefe in den Böen lässt sich in diesem Fall immer noch mehr gewinnen.
Steht der Bug häufig nach kurzem Surfen an der nächsten Welle an, ist das ein Zeichen dafür, dass man sich bereits im nächsten Modus befindet. Oder man beobachtet andere, die sich schon im nächsten Modus sind. Lohnt sich zu kopieren!
Besteht Zweifel über den Modus: Eher tief! Häufig wirkt der ‚Herdentrieb' und alle folgen den Führenden wie Schafe. Das könnte deine Chance sein für einen Gain. Je besser du die Modi kennst, desto geringer ist das allfällige Risiko. Zusätzliche Halsen können leichte Vorteile auch zunichte machen. Auch hier gilt: Übung macht den Meister!

3. Gleitfahrt:
Der Wind ist stark genug, dass ständiges Gleiten, auch ohne die Hilfe der Wellen, möglich ist. Eher räumlich fahren, Vorschoter im Trapez, immer mit vollem Druck in den Segeln. Die Geschwindigkeit ist durch das Gleiten so viel höher, dass das Mehr an Distanz gegenüber den Tiefe machenden, aber sich in Verdrängungsfahrt befindlichen Konkurrenten, bei weitem wettgemacht wird. Im Fireball ist das etwa ab 4 Bft. der Fall. Es braucht aber einige Übung, den optimalen Winkel zu finden und vor allem den richtigen Zeitpunkt der Halse.
Ist der Wind so stark, dass auch beim Tiefe Fahren ständiges Gleiten möglich ist, ist wieder Tiefe Fahren angesagt.

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Einfach nur schnell zu segeln reicht aber nicht immer, um an der Leeboje zuvorderst zu sein. Darum noch ein paar Tipps:

  • In den Böen bleiben: Die Steuerperson muss die Windentwicklung stets im Auge behalten. Halsen, wenn die Böe am stärksten ist. Nicht warten, bis sie schwächer wird.
  • Halsen in den Lifts: War z.B. der Stb. Bug bei der Annäherung an die Luvboje geliftet, ist auf dem Vorwinder der Bb. Bug bevorteilt. Dreht der Wind stark, muss man auf häufiges Halsen gefasst sein, so häufig, wie auf der Kreuz gewendet würde.
  • Bevorzuge die Innenseite: Vielleicht reicht die Länge der Vorwindstrecke nicht, die Konkurrenz zu überholen. Die Innenseite gibt einem mit Überlappung aber Wegrecht beim Runden der Leeboje. Von aussen kommend muss man häufig mehreren Booten noch Raum geben.
  • Vermeide Abdeckung: Ein offenes Geheimnis! Anluven, tiefer fahren oder weghalsen sind die Auswege. Von hinten kommend unbedingt seinen Windschatten nützen um die Konkurrenz damit fest zu nageln.
  • Gut zu wissen: Der Windschatten eines gleitenden Bootes ist relativ schmaler und weiter achtern als bei einem in Verdrängungsfahrt.


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